Hörgeschädigt

  • Teilhabe am Arbeitsplatz

    Inklusionsprojekt

    Ich arbeite im öffentlichen Dienst, bei der Stadt Freiburg. Hier wird Inklusion ganz groß geschrieben, also man schreibt es sich auf die Fahne – sieht gut aus: INKLUSION!

    Ich bin das  „Inklusionsprojekt“ meiner Abteilung (O-Ton meiner Chefin … ich nenne keine Namen – bei der Einstellung).

    Tatsächlich sieht es aber so aus:

    Wir hatten heute eine Besprechung. Fünf Kolleginnen, inkl. mir sitzen am Tisch. Ich sitze so, dass ich alle gut sehen kann, Mundbild und so. Besprechung geht los, Chefin und Stellvertretung nuscheln in ihren Laptop. Ich, wie ich es gelernt habe: Frage nach. „Habe ich das richtig verstanden … es geht jetzt um das und das Thema?“ Sie scheinen sich zu erinnern, dass ja das „Inklusionsprojekt“ am Tisch sitzt und gucken mich an. Sehr gut! Wer sagt’s denn! Geht doch.

    Keine zwei Sekunden später hat das Gespräch so Fahrt aufgenommen, dass alle durcheinandersprechen. Ich stoppe … wie ich es gelernt habe …, hake ein, frage gezielt nach … Einen kurzen Moment, etwa eine halbe Sekunde, geordnete Kommunikation. Läuft!

    Dann klingelt das Handy der Chefin, sie geht ran, klar! Also, Chefin telefoniert im Hintergrund, die am Tisch Verbliebenene diskutieren weiter. Ich – ständig in Habachtstellung! – will nichts verpassen, alles mitbekommen! Nichtdestotrotz bin ich irgendwann raus. Ich stoppe das Gespräch, fasse kurz zusammen, was ich verstanden habe. Ob ich richtig verstanden haben? Dann meine Kollegin, wirklich sehr gutmeinend: „Ich erkläre es Dir  hinterher!“ In diesem Moment könnte ich gleichzeitig vor Wut auf den Tisch hauen und heulend zusammenbrechen oder kurz hintereinander. Kommt aber im Amt nicht so gut. Ich also stattdessen: „Ich will teilnehmen, jetzt an diesem Gespräch, in dieser Runde.“ Blick in die Runde. Sechs große Augen gucken mich an. Das Gesicht meiner Chefin lächelt etwas milde, um nicht zu sagen herablassend. Ich bin müde, so müde.

    Vielleicht sollte ich mir „INKLUSION“ nicht auf die Fahne schreiben, sondern auf ein T-Shirt drucken lassen und ganz klein „projekt“ darunter.