Cochlea Implantat?

Warnung! Dies wird ein langer, genervter, mitunter nicht ganz objektiver Blogbeitrag.

Es ist, wie es ist, mein Hörvermögen nimmt zusehends ab. Mein Höranstrengung nimmt zu, dass ich mich im Moment – gerade heute und wie so oft in den letzten Wochen – wieder am Ende meiner Kräfte fühle.

Schildere ich Menschen meine Situation, nahestehenden oder nicht nahestehenden, bekomme ich oft gutgemeinte – zumindest hoffe ich, das sie gutgemeint sind – Ratschläge. Auf den ersten Plätzen dieser Ratschläge ist: „Versuche es doch mal mit Hörgeräten?“ Ich antworte darauf meist nur mit einem kurzen: „Hä?“ und halte mir dabei eine Hand hinter mein rechtes Ohr.

Doch immer häufiger rät man mir zu einem Cochlea-Implantat. Das COCHLEA-IMPLANTAT, läßt Taube wieder hören! (Dieser Spruch ist nicht von mir.) Nur WAS sie dann hören, das fragt keiner. Das Cochlea-Implant ist eine elektronische Hörprothese. Ich will hier bestimmt nicht eine bahnbrechende medizinische Entwicklung klein reden oder nieder machen. Ich möchte nur, dass diese medizinische Möglichkeit etwas differenzierte betrachtet wird. Ich möchte mir nicht von jedem Klugscheißer, der keine Ahnung hat, wie ein Cochlea-Implantat eigentlich funktioniert, anhören müssen: „Lass Dich doch einfach reparieren!“

Bei der Chochlea-Implant-OP wird eine Vertiefung in die Schädeldecke gefräst, um das Implantat sicher zu fixieren. In die Cochlear (Hörschnecke) werden Elektroden eingefädelt, dadurch werden womöglich die letzten Sinneshäarchen, die bis dahin wacker gekämpft und das Letzte aus sich herhausgeholt haben, um diese leisen Töne, die es irgendwie bis zur Cochlear geschafft haben, an den Hörnerv weiterzuleiten, platt gemacht. Natürliches Hören ist tot! Tja, wenn man eh fast ertaubt ist, was hat man zu verlieren? Ja, eben, ich habe noch etwas zu verlieren, ein kleines bißchen Restgehör und ich glaube, jeder schwerhörende Mensch klammert sich an das bißchen Restgehör, wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm.

Vor allem weiß ich nicht, wie mein Gehirn dann diese elektronischen Signale, die über meinen Hörnerv weitergeleitet werden, verarbeitet. Werde ich dann Sprache wieder besser verstehen? Oder nicht? Es gibt keine Garantie!

Mich hat kürzlich ganz aufgeregt eine Freundin angerufen: „Gerade war ein Kollege bei mir, der hat ein Cochlear-Implantat. Wär das nicht auch was für Dich?“

Ich: „Hä?“ Nein, Spaß …

Ich: “ Wie kommt er denn klar mit seinem Cochlear-Implantat?

Sie so: „Äh, weiß ich nicht, habe ich nicht gefragt.“

Die oder der Nächste, der mir ein Cochlear-Implantat empfiehlt, ohne eigene Erfahrungen, ohne Ärztin zu sein, der bekommt von mir nur ein: HÄ? zu hören.

Ich habe Menschen kennengelernt, die überhaupt nicht damit klar kommen. Menschen, bei denen es auf einer Seite phantastisch funktioniert, aber auf der anderen nur verzerrte Töne ankommen und auch jemand, der zufrieden damit ist, weil sie endlich wieder das Blinkerpiepsen im Auto hört. Es ist eine ganz individuelle Entscheidung und nur wenn ich voll und ganz dahinter stehe, habe ich überhaupt eine Chance auf Erfolg.

Dann kommt noch hinzu, dass ich als schwerhörender Mensch aktzeptiert werden will, wie ich bin. Ich wünsche mir, dass Menschen so mit mir sprechen, dass ich Sie verstehen. Siehe Leitfaden. 🙂 Ich möchte nicht ausgegrenzt werden, ich möchte dabei sein und daran glauben, dass Inklusion und Barrierefreiheit möglich sind. Ich will mich nicht erst „reparieren“ müssen, damit ich ein gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft bin.

Ich schreibe hier nicht, weil ich Mitleid möchte oder brauche, sondern weil ich möchte, dass Menschen verstehen, was es mitunter bedeutet, schwerhörend zu sein. Danke.

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