• Cochlea Implantat?

    Warnung! Dies wird ein langer, genervter, mitunter nicht ganz objektiver Blogbeitrag.

    Es ist, wie es ist, mein Hörvermögen nimmt zusehends ab. Mein Höranstrengung nimmt zu, dass ich mich im Moment – gerade heute und wie so oft in den letzten Wochen – wieder am Ende meiner Kräfte fühle.

    Schildere ich Menschen meine Situation, nahestehenden oder nicht nahestehenden, bekomme ich oft gutgemeinte – zumindest hoffe ich, das sie gutgemeint sind – Ratschläge. Auf den ersten Plätzen dieser Ratschläge ist: „Versuche es doch mal mit Hörgeräten?“ Ich antworte darauf meist nur mit einem kurzen: „Hä?“ und halte mir dabei eine Hand hinter mein rechtes Ohr.

    Doch immer häufiger rät man mir zu einem Cochlea-Implantat. Das COCHLEA-IMPLANTAT, läßt Taube wieder hören! (Dieser Spruch ist nicht von mir.) Nur WAS sie dann hören, das fragt keiner. Das Cochlea-Implant ist eine elektronische Hörprothese. Ich will hier bestimmt nicht eine bahnbrechende medizinische Entwicklung klein reden oder nieder machen. Ich möchte nur, dass diese medizinische Möglichkeit etwas differenzierte betrachtet wird. Ich möchte mir nicht von jedem Klugscheißer, der keine Ahnung hat, wie ein Cochlea-Implantat eigentlich funktioniert, anhören müssen: „Lass Dich doch einfach reparieren!“

    Bei der Chochlea-Implant-OP wird eine Vertiefung in die Schädeldecke gefräst, um das Implantat sicher zu fixieren. In die Cochlear (Hörschnecke) werden Elektroden eingefädelt, dadurch werden womöglich die letzten Sinneshäarchen, die bis dahin wacker gekämpft und das Letzte aus sich herhausgeholt haben, um diese leisen Töne, die es irgendwie bis zur Cochlear geschafft haben, an den Hörnerv weiterzuleiten, platt gemacht. Natürliches Hören ist tot! Tja, wenn man eh fast ertaubt ist, was hat man zu verlieren? Ja, eben, ich habe noch etwas zu verlieren, ein kleines bißchen Restgehör und ich glaube, jeder schwerhörende Mensch klammert sich an das bißchen Restgehör, wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm.

    Vor allem weiß ich nicht, wie mein Gehirn dann diese elektronischen Signale, die über meinen Hörnerv weitergeleitet werden, verarbeitet. Werde ich dann Sprache wieder besser verstehen? Oder nicht? Es gibt keine Garantie!

    Mich hat kürzlich ganz aufgeregt eine Freundin angerufen: „Gerade war ein Kollege bei mir, der hat ein Cochlear-Implantat. Wär das nicht auch was für Dich?“

    Ich: „Hä?“ Nein, Spaß …

    Ich: “ Wie kommt er denn klar mit seinem Cochlear-Implantat?

    Sie so: „Äh, weiß ich nicht, habe ich nicht gefragt.“

    Die oder der Nächste, der mir ein Cochlear-Implantat empfiehlt, ohne eigene Erfahrungen, ohne Ärztin zu sein, der bekommt von mir nur ein: HÄ? zu hören.

    Ich habe Menschen kennengelernt, die überhaupt nicht damit klar kommen. Menschen, bei denen es auf einer Seite phantastisch funktioniert, aber auf der anderen nur verzerrte Töne ankommen und auch jemand, der zufrieden damit ist, weil sie endlich wieder das Blinkerpiepsen im Auto hört. Es ist eine ganz individuelle Entscheidung und nur wenn ich voll und ganz dahinter stehe, habe ich überhaupt eine Chance auf Erfolg.

    Dann kommt noch hinzu, dass ich als schwerhörender Mensch aktzeptiert werden will, wie ich bin. Ich wünsche mir, dass Menschen so mit mir sprechen, dass ich Sie verstehen. Siehe Leitfaden. 🙂 Ich möchte nicht ausgegrenzt werden, ich möchte dabei sein und daran glauben, dass Inklusion und Barrierefreiheit möglich sind. Ich will mich nicht erst „reparieren“ müssen, damit ich ein gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft bin.

    Ich schreibe hier nicht, weil ich Mitleid möchte oder brauche, sondern weil ich möchte, dass Menschen verstehen, was es mitunter bedeutet, schwerhörend zu sein. Danke.
  • Kommunikationsbasics

    Wie ich schon geschrieben habe, ist Kommunikation keine Einbahnstraße. Ich muss sagen, was ich brauche und immer immer wieder fällt es mir so schwer. Immer wieder kommt es vor, dass ich einfach nicke, obwohl ich nicht verstanden habe, was mein Gegenüber gesagt hat. Deswegen habe ich mal einen kleinen bildlichen Leitfaden erstellt, mit den Kommunkationsbasics bei einem Gespräch mit mir … für Euch, aber vor allem für mich. 🙂

    Danke!

  • Kommunikation ist keine Einbahnstrasse

    Komme gerade aus der Apotheke und habe jetzt – obwohl ich keine Wandkalender nutze oder brauche – einen wunderschönen Wandkalender mit Blumen. *Hrmpfs*

    Die haben in der Apotheke immer noch oder schon wieder diesen Spuckschutz, wodurch die Stimme gedämpft wird und auch die Gesprächspartnerin, wenn auf den Spuckschutz gerade die Mittagssonne fällt, nicht wirklich zu erkenne ist. Also Mundbild fällt weg, Gesprächspartnerin redet sehr dezent. Wir sind ja schließlich auch in einer Apotheke. Ist ja schön, wenn der Mensch am Nachbarstresen nicht mitbekommt, dass ich Hämorrhoidensalbe kaufe. Ich dachte gleich: „Nein, so geht das nicht!“ Und sage, links am Spuckschutz vorbei: „Ich bin schwerhörig, könnte sie bitte etwas lauter sprechen.“ Frau Apothekerin reagiert super, vorbildlich! Sprich nicht nur lauter, sondern untermalt ihre Worte mit Gesten. Perfekt. (Später stellte sich heraus, dass sie auch ein Hörgerät trägt.)

    In einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit: Ich, weil die Kommunikation so gut und geschmeidig lief. Frau Apothekerin, weil sie ihr im Wegdrehen einfällt, dass sie mir ja noch den neuen Jahreskalender geben wollte, sagt – jetzt wieder in ihrer dezente Sprechweise, Gesicht abgewendet: „Wollen sie noch ein … aehlds … hidems …?“ Ich frage nicht, „Wie bitte?“ sondern sage: “ Ja, gerne.“ Und schon legt sie  mir einen potthässlichen Streifenkalender zum aufhängen hin. Na dann. Vielen Dank! Es gibt Schlimmeres.

    Fazit des Tages:
    Im Gespräch mit einer Schwerhörigen müssen alle Beteiligten wach und achtsam sein. Wenn man diese Anstrengung nicht nur auf den Menschen mit der Hörschädigung verteilt, sondern auf alle Beteiligten des Gespräches, ist es für ALLE leichter.
  • Ich verliere mein Gehör – Trauerbewältigung

    Es gibt bei „Monk“ (amerikanische Comedy-Krimiserie) eine Folge, in der sein Psychiater aufhört zu praktizieren. Monk geht im Schnelldurchgang immer wieder durch die einzelnen Phasen der Trauer. Es ist so witzig, habe es auch auf Youtube gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=kF6BxBIedLk

    Wenn man sein Gehör verliert, dann gehört da auch ganz viel Trauerarbeit dazu, immer und immer wieder.

    Mit 17 hat mir zum ersten Mal ein HNO-Arzt gesagt, dass ich irgendwann hochgradig schwerhörig sein werde. Ich kann mich nich mehr erinnern, wie ich das damals aufgenommen habe. Wie mich dieser Satz allerdings all die Jahre begleitet hat, merkte ich erst, wie ein HNO-Arzt mir vor zwei Jahren sagte, es kann sein, dass es irgendwann einfach nicht mehr schlechter wird. Bämmm! Da meine Hörkurve damals längere Zeit stabil war, dachte ich: „Kein Problem, damit kann ich leben!“ Leider hatte der erste HNO-Arzt recht … hätte auch anders sein können … mein Gehör hat sich im letzten Jahr nochmal verschlechtert und hinzukommt eine unangenehme Hörverzerrung auf dem linken Ohr, d.h. wenn Töne in einer hohen Lautstärke – die ich brauche, um überhaupt zu verstehen – an mein Ohr kommen, höre ich nur noch Kchrzkchrzkchrs. Was soll ich bitte damit anfangen!

    Die vier Phasen der Trauer und Trauerbewältigung (nach Verena Kast):

    • 1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen
    • 2. Phase: Aufbrechende Emotionen
    • 3. Phase: Suchen und Sich-Trennen
    • 4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug

    Logisch, kennt jeder, was passiert als erstes, wenn ich etwas verlieren: Ich will es wieder haben. Das fängt beim Geldbeutel an. Man kann sich ein Leben „ohne“ nicht vorstellen. Man will sich ein Leben ohne diese Person, diesen Gegenstand, diesen, was auch immer … in meinem Falle diesen „Hören-und-Verstehen-Können“ nicht vorstellen, obwohl es schon längst Realität ist.

    Es ist ein Prozess, die Phasen verschwimmen. Es ist nicht so, dass ein Phase abgeschlossen ist und die nächste fängt an. Ich befinde mich in meinem Prozess gerade zwischen 1. und 2. Phase:

    Ich hoffe, dass dieses Kchrzkchrzkrchz irgendwann wieder weg geht, ich gehe abends ins Bett und hoffe, morgen früh ist alles wieder gut, mein Gehör zumindest wieder so, wie vor der erneuten Verschlechterung, ich hoffe und gleichzeitg wechseln sich Phasen des Weinens und der Wut ab … und Angst, ja Angst habe ich auch vor dem Leben ganz ohne Töne, Geräusche, Menschenstimmen …

    Hier gibt es noch einen sehr berührenden Bericht über das Thema:

    https://www.hoerbehindertenselbsthilfe.de/wir-in-der-dhs/dhs-mitgliederzeitschrift/forum-beitraege/38-verlust-abschied-trauer.html

     

  • Hörauszeit

    Manchmal nehme ich mir bewusst eine Hörauszeit und das nicht nur ein paar Minuten, Stunden, sondern wenn schon denn schon, ein ganzes Wochenende. Wie dieses! Meist mache ich nicht viel, lese, meditiere, koche, esse, höre auf mich, auf mein Innerstes.

    Heute Morgen war ich Joggen – ohne Hörgeräte – ich höre kaum etwas. Ein Auto, wenn es direkt an mir vorbeifährt, ich höre beim Fahrradfahren den Wind an meinem Ohr, aber nur wenn ich richtig schnell fahre. 😊 Aber die Welt ist so viel mehr als Hören, ich spüre den Wind auf meiner Haut, ich rieche das Gras, dass vom Regen nass ist und das Parfüm der Frau, die ich mit dem Fahrrad überhole.

    Anfangs bin ich immer etwas nervös, wenn ich so nichts hörend in die Welt trete. Was ist, wenn mich jemand von hinten anschreit: „Aus dem Weg!“, aber irgendwann vertraue ich der Stille. Heute will ich nichts von der Welt, wenn sie etwas von mir will, soll sie sich bemerkbar machen. Und, er hat sich bemerkbar gemacht, dieser kleine Hund. Ich laufe also entspannt durch ein Wohnviertel und höre aus der Ferne, ganz dumpf, ganz weit weg Hundegebell. Denk mir: „Guck mal, Simone, was du noch alles hörst!“ Sie können sich vorstellen, wie ich erschrocken bin, als ich plötzlich diesen kleinen zähnefletschenden Pinscher direkt neben mir sah. Von wegen „weit weg“. Was war ich froh um diesen hohen Gartenzaun, der mich von seinen spitzen Zähnen trennte.

  • Gibt es arrogante Schwerhörige?

    Diesen Frage habe ich gerade auf dem Blog von Alexander Görsodorf gelesen notquitelikebeethoven.com .

    Ich überlege einen Moment und muss sagen ich kenne keine oder keinen.

    Kürzlich habe ich mich mit einem hörgeschädigten Menschen unterhalten – ja, es ist möglich, Kommuniktion klappt ziemlich gut, wenn beide Seiten sich an ein paar Regeln halten 😉 – er sagte, das Schwerhörige/Hörgeschädigte das „Problem immer bei sich suchen“. Das stimmt. Ich bin ja diejenige, die nicht so gut hört und deswegen muss/soll/darf mein Gegenüber deutlicher sprechen, mich dabei Ansehen, klarer sprechen, lauter sprechen (mir hilft das, gilt aber nicht für alle Schwerhörigen) und nicht irritiert sein, wenn ich ihn oder sie total fixiere, weil ich Angst habe, irgendetwas zu verpassen, irgendetwas nicht zu verstehen oder noch schlimmer, etwas misszuverstehen.

    Wir verstecken unsere Hörschädigung. Wir fragen nicht nach, weil wir Angst haben zu nerven. Wir vermeiden Kommunikation, weil wir wissen, dass es mit uns immer irgendwann anstrengend wird. Das funktioniert in einem Zweiergespräch in ruhiger Umgebung noch relativ gut, wenn es mehr Leute sind, ist ein permanentes Aufpassen „hat Simone alles mitbekommen“ gefragt. Und Simone kann manchmal nicht nachfragen, weil sie überhaupt nicht mitbekommen hat, das nichts mitbekommen hat.

    Aber, ich habe es mir nicht ausgesucht und ich bin auf Eure Hilfe, auf Eure Unterstützung angewiesen. Und um Eure Unterstützung zu bekommen, muss ich sagen, was mit mir los ist, um dem Ganzen eine Chance zu geben. Wenn es dennoch nicht funktioniert, wir genervt sind von dem ständigen Nachfragen meinerseits, von der klaren, zugewandten ständig aufmerksamen Kommunikation, weil die Hörschädigung mitunter wirklich immer wieder ein großer Gesteinsbrocken im lebendigen Gesprächsfluss sein kann, dann haben wir es zumindest versucht.

    Zurück zur anfänglichen Fragen. Vielleicht wirken wir manchmal arrogant, weil wir Strategien entwickelt haben, unsere Hörschädigung zu überspielen, die arrogant rüberkommen: Wir auf Fragen nicht antworten. Meistens finden wir die Fragen aber nicht bescheuert oder einer Antwort unwürdig, wir haben sie einfach nicht richtig oder gar nicht verstanden habe. Und bevor ich mich mit einer Antwort blamiere, lächle ich und sagen gar nichts. Wenn mich jemand von hinten oder von der Seite anspricht, bekomme ich es nicht mit und reagieren nicht, auf manche mag das arrogant wirken. Wenn der Kollege vom Flur aus in mein Büro „Schönes Wochenende!“ ruft wird er selten „Danke. Gleichfalls.“ von mir hören. Nicht weil ich den Kollegen sowieso noch nie leiden konnte und ihm ein total verregnetes Wochenende wünsche, sondern weil ich ihn weder gesehen, geschweige denn verstanden habe.

    In diesem Sinne: Schönes Wochenende! 🙂

    Über meine Hörschädigung hier mehr!

  • Rosa goes Down Under

    Prinzessin Rosa in der Bücherei der Hl. Familie

     

    Wir hatte gestern eine ganz wunderbare Lesung in der Bücherei der Hl. Familie in Mooswald.

    Ein großes Danke selbstverständlich an meinen großartigen Kollegen Christoph Hüllstrung, an Herrn Schmidt vom Bildungwerk und an das gesamte Team der Bücherei!

    Es war mir ein Fest!

     

    Ein Zuschauer hat ein Büchlein gekauft und wird es seinem Enkel nach Australien schicken. Wie toll!

            

     

     

  • Das Abenteuer geht weiter

    Prinzessin Rosa ist zurück!

     

    Ich freue mich sehr auf den Literarischen Abend des Bildungswerkes Heilige Familie!

    Rosa ist zurück und im Gepäck hat sie diesmal nicht nur ihre rosa Gummistiefel, sondern auch Christoph Hüllstrung. Mein langjähriger Kollege wird mich an diesem kurzweiligen Abend spielerisch und musikalisch begleiten. Wir werden kleine Szenen aus der Gechichte spielen, wir werden singen, jonglieren und vielleicht werden wir auch tanzen. Mit Sicherheit werden Humor und Spielfreude nicht zu kurz kommen.

    Lassen Sie sich überraschen und auf diese märchenhafte Abenteuerreise mitnehmen!

     

  • „Wovon man schweigen muss, … „

    ...darüber kann man Briefe schreiben." 
    

    Mit Nicole Djandji-Stahl und Karsten Kramer gehe ich auf eine Reise durch die Zeit. Wir lesen leidenschaftliche, berührende, intime, lebensverändernde Brief ‚frisch von der Leber weg‘ von berühmten Persönlichkeiten (u.a. Marie Antoinette, Liselotte von der Pfalz, Lise Meitner), die durch virtuoses Klavierspiel begleitet werden.

    Diese spielerische, szenische Lesung ‚Wovon man schweigen muss, darüber kann man Briefe schreiben‘ gibt es zu hören und zu sehen am:

  • Ein magisches Weihnachtsfest

    eine Weihnachtsgeschichte von Simone R. Ott

     

    Der Winter war ins Land gezogen und die morgendlichen Nebelschwaden waberten bis zum Mittag über die sanften Hügel von Kleinesland. Prinzessin Rosa liebte es, auf dem Rücken von Fridolin, ihrem Ackergaul, den Tag zu begrüßen. Eingepackt in einen langen, warmen Wollschal und dicke Wollsocken in den Gummistiefeln, ritt sie über die angrenzenden Felder des Schlosses.
    Ein ereignisreiches Jahr lag hinter ihr. Nachdem ihr Vater, König Roland, sie zwangsverheiraten wollte, um ihr altes marodes Schloss zu retten, versuchte ihre Schwiegermutter in spe eine „richtige“ und vor allem schlanke Prinzessin aus ihr zu machen und ließ sie bei Wasser und Brot fast verhungern. Dank Fridolin, Wachhund Puffi, der Gans Trude und Köchin Emma mit ihren magischen Punschkugeln gab es ein Happy End für Rosa und ihren wahren Prinzen Johann. Prinz Johann von Großesland war von seinem herzlosen Vater, König Ludger, enterbt und verstoßen worden, als er ihm erklärte, er liebe Prinzessin Rosa aus Kleinesland und werde mit ihr sein künftiges Leben verbringen. Seit über einem Jahr lebten die beiden daher arm, aber glücklich in den bröckelnden Mauern des Schlosses von Kleinesland.
    Rosa sog genüsslich die kalte Luft ein und ein heller Punkt am Horizont, der durch den Nebel schimmerte, verhieß einen sonnigen Tag. In zwei Wochen war Weihnachten. Rosa freute sich darauf. Sie hatte die Wollsocken für Johann fast fertig gestrickt und für ihren Vater hatten sie gemeinsam eine Nacht- und Nebelaktion vor Heiligabend geplant: Sie wollten seinen abgewetzten Thron mit neuem rotem Samt beziehen. Die Gedanken an Geschenke, einen Weihnachtsbaum und ein üppiges Weihnachtsessen ließ Rosa lächeln. Oh, sie hatte ein bezauberndes Lächeln.
    Rosa dachte an Essen und Fridolin bekam Hunger und sagte: „Geh Rosa, lass uns umdrahn, i hob no nix gfrüstückt, i hob an Hunger.“
    „Na gut Fridolin,“ antwortete Rosa, „Johann und Vater sind bestimmt schon auf und ich freue mich auf eine heiße Tasse Tee.“
    Als sie sich dem Schloss näherten, sah Rosa, wie ihr Stallbursche ein unbekanntes Pferd in den Stall führte. Hatten sie Besuch bekommen? So früh am Morgen? Im Schlosshof angekommen sprang Rosa rasch von Fridolins Rücken. Als sie auf dem Boden aufkam, quietschten ihre Gummistiefel und Rosa eilte neugierig zum Schloss. Als sie die schwere Eingangstür aufdrückte, hallte ihr freudiges Kläffen von Puffi und tiefes Lachen entgegen, welches nur Rudolf von Schwarzwaldland gehören konnte. Prinz Rudolf war im letzten Jahr einer der Heiratskandidaten gewesen und wenn es nach Rosas Vater gegangen wäre, hätte sie ihn geheiratet. Rudolf war ein herzensguter Mensch, liebte Bäume und Wildschweinbraten. Mittlerweile war er mit der wunderschönen Prinzessin Sophie verheiratet. Gemeinsam lebten sie mit Rudolfs Mutter, Königin Charlotte, und Köchin Emma in einem prächtigen Schloss in Schwarzwaldland.
    Als Rosa das Kaminzimmer betrat, saßen Prinz Rudolf – Puffi auf dem Schoß – und ihr Vater vor dem Feuer.
    Rosa begrüßte Rudolf herzlich: „Rudolf, wie schön, dich zu sehen. Wie geht es dir?“
    Rudolf sprang auf, warf seine Tasse Tee um und umarmte Rosa so überschwänglich, dass er sie fast erdrückte: „Rosa!“
    Puffi fiel von seinem Schoß, schnupperte am verschütteten Tee, verbrannte sich die Schnauze und zog sich ärgerlich zurück.
    Erst jetzt bemerkte Rosa Johann, der unbeteiligt aus dem Fenster starrte. Er und Rudolf waren Freunde geworden und Rosa wunderte sich, dass er sich nicht zu ihnen ans Kaminfeuer setzte.
    Der Nebel hatte sich fast aufgelöst. Johann blickte mit zusammengekniffenen Augen zum Waldrand. Dort standen drei schwarze Reiter, die bedrohlich zum Schloss blickten. Über ihnen kreisten Raben und das Krächzen drang in Johanns Ohren und ließ ihn schaudern.
    „Johann, was hältst du davon?“ Rosa war an ihn herangetreten und berührte sanft seine Schulter.
    „Was?“ Johann erschrak.
    „Rudolf hat uns Weihnachten nach Schwarzwaldland eingeladen. Emma will ein weihnachtliches 5-Gänge-Menü für uns kochen.“ Rosa sah ihn erwartungsvoll an.
    „Ja, ja, das ist wunderbar.“ Johann zwang sich zu einem Lächeln.
    „Was ist mit dir?“, flüsterte Rosa.
    „Nichts, nichts …“ Johann schüttelte die dunklen Gestalten ab und drehte sich zu Rudolf und schlug ihm freundschaftlich auf den Rücken.
    „Danke Rudolf. Wir kommen sehr gerne.“
    „Wir werden euch am 24. morgens eine Kutsche schicken, damit König Roland eine bequeme Reise nach Schwarzwaldland hat.“
    Puffi bellte und sah zu Rudolf auf. „Natürlich, mein Kleiner, du kommst auch mit!“
    Puffi hatte seine verbrannte Nase vergessen und sprang vor Freude um Rudolfs Beine.
    Sie machten einen Spaziergang durch den Schlosshof und zeigten ihrem Gast den im Winter brachliegenden Gemüsegarten und erzählten Rudolf von der reichen Ernte, die sie im Sommer eingefahren und auf dem Markt im Dorf verkauft hatten.
    Johann schien die ganze Zeit über abwesend und schaute immer wieder besorgt zum Waldrand.
    Der Tag verging wie im Fluge und kurz vor Einbruch der Dunkelheit brach Rudolf auf, um vor Mitternacht zuhause zu sein. Er kannte den Wald wie seine Westentasche und fürchtete sich nicht, dennoch bot Johann ihm an, ihn ein Stück zu begleiten. Zu neugierig war er, die drei düsteren Gestalten im Wald zu finden.
    Rudolf verabschiedete sich mit einer festen Umarmung von Rosa und ihrem Vater, kraulte Puffi noch einmal ausgiebig hinterm Ohr, ehe sie sich auf ihre Pferde schwangen und Richtung Wald davonritten.
    Rosa spürte Unheilvolles, zwang sich allerdings zur Zuversicht und rief Johann hinterher: „Seid vorsichtig und passt auf euch auf!“
    Johann und Rudolf ritten zügig und als sie an den Wald kamen, hörte Johann wieder das Krächzen der Raben und er sah erschrocken gen Himmel. Luise, sein Pferd, bäumte sich auf.
    „Was ist los?“, fragte Rudolf.
    „Hörst du die Raben? Sie scheinen nichts Gutes zu verheißen“, antwortete Johann.
    Rudolf lachte: „Keine Sorge, Johann. Die Raben sind im Wald zuhause und sagen sich nur ‚Gute Nacht‘. Möchtest du zurückreiten? Ich habe keine Angst und komme von hier aus sehr gut allein nach Hause.“
    Da Luise keinen Schritt weiterwollte, sah Johann ein, dass es besser war, umzukehren. „Also gut, Rudolf, sei vorsichtig und lass den Wald schnell hinter dir. Die Nacht scheint voller böser Geister zu sein.“
    Rudolf verabschiedete sich, fing an „Jingle Bells, Jingle Bells …“ zu trällern und ritt tiefer in den Wald hinein. Johann schaute ihm nach und lauschte seinem schiefen Gesang, bis es still wurde und selbst die Raben aufhörten zu krächzen. Dunkelheit und Stille hatten den Wald nun vollends in Besitz genommen und Johann machte kehrt. Luise setzte vorsichtig einen Huf neben den anderen und Johann witterte aus allen Richtungen Gefahr, dachte an die drei dunklen Gestalten, die er ganz in der Nähe wähnte. War es ein Fehler, Rudolf allein weiterreiten zu lassen? Johann schüttelte den Kopf und machte sich selbst Mut. Wenn jemand sicher im Wald war, dann Rudolf. Sicherer als er selbst!
    Es hatte angefangen zu schneien. Ihn fröstelte und längst verblasste Bilder tauchten in ihm auf. Bilder von einer Zeit, die er verdrängt hatte. Bilder von seiner Zeit im Eisgebirge. Die Schmach, die Demütigungen, die er dort erfahren hatte, machten sich wieder breit in ihm. Wie den Schnee von seinen Ärmeln versuchte er, die dunklen Bilder abzuschütteln, versuchte an Weihnachten zu denken, an Rosa … seine wunderbare pummelige Prinzessin.
    Da! Was war das? Ein Knistern? Da brannte ein Feuer! Jetzt sah er auch das Flackern der Flamme. Luise wich zurück. Johann stieg ab, nahm sie an den Zügeln und ging leise in die Richtung, aus der das Flackern zu sehen war. Er hielt sich hinter einer dichten Baumgruppe versteckt und sah sie: Die drei schwarzen Ritter! Auf einer kleinen Lichtung saßen sie um ein Lagerfeuer, lachten und prosteten sich mit schweren Weinhumpen zu. Johann entfuhr ein unterdrückter Schrei, als er einen von den dreien erkannte. Es war Saulus. Saulus, sein Peiniger aus der Königsakademie im Eisgebirge. Was machte er hier im Wald? Sein Vater musste ihn geschickt haben. Johann blickte wie erstarrt auf den Hünen, als dieser mit heiserer Stimme sprach: „Wenn wir Heiligabend dieses alte, marode Schloss abfackeln, dann wird Johann schon einsehen, wohin er gehört und nach Großesland zurückkehren und in die Fußstapfen seines Vaters treten.“ Sie grölten hasserfüllt und stießen die Humpen aneinander.
    Johann schwang sich entsetzt auf Luise und ritt so schnell er konnte weg von dieser Horde. Was konnte er tun? Er brauchte einen Plan! Als er zurück ins Schloss kam, saß Rosa noch im Kaminzimmer und wartete auf ihn. Sie sprang auf, als er abgehetzt und voller Sorge ins Zimmer trat.
    „Johann, was ist passiert?“ Johann erzählte ihr die ganze Geschichte.
    Rosa wurde wütend. Sie stampfte mit einem Bein auf und ihr Gummistiefel quietschte. „Oh, ich lass mir doch von diesen … bösen … Menschen nicht mein Weihnachtsfest vermiesen.“
    Trotz der ausweglosen Situation musste Johann grinsen, er liebte sie, wenn sie so wütend war.
    „Was machen wir jetzt?“, fragte er sie.
    „Wir können natürlich das Schloss am Heiligen Abend nicht allein lassen“, antwortete sie und lief mit ihren quietschenden Gummistiefeln vorm Kamin auf und ab, bis plötzlich ihre Augen leuchteten und sie sagte: „Schicke einen Boten nach Schwarzwaldland. Ich habe eine Idee!“
    Im Morgengrauen des Heiligen Abends hielten Kutschen aus Schwarzwaldland im Schlosshof. Alle waren sie gekommen: Königin Charlotte, schlank und rank wie eh und je, Prinzessin Sophie, die an Rudolfs Arm aus der Kutsche schwebte und dem Schlosshof einen prinzessinenhaften Glanz verlieh, und natürlich Köchin Emma, die sofort die Ärmel hochkrempelte, die mitgebrachten Lebensmittel in der Küche verstaute und sich ans weihnachtliche 5-Gänge-Menü machte. Alle ließen sich gerne von der hektischen Betriebsamkeit anstecken, um die aufkommenden Zweifel an ihrem sehr gewagten Plan zu unterdrücken. Am Abend war alles bereit und man erwartete voller Anspannung die drei schwarzen Reiter. Drei helle Fackeln näherten sich in Windeseile dem Schloss und das Johlen der Bösewichter, die mit ihren Pferden angeritten kamen, ließ ihre Knie zittern. Aber sie blieben standhaft und stellten sich ihren Feinden. Diese stutzten, als sie die Tore des Schlosses nicht verrammelt vorfanden, sondern weit offen und ein heller Lichtschein ihnen den Weg in die Mitte des Schlosshofes wies.
    Als Saulus und seine Mannen den hellerleuchteten, prächtig geschmückten Weihnachtsbaum sahen, den deftigen Wildschweinbraten rochen und die vielen Menschen sahen, die sie willkommen hießen, ließen sie fast die Fackeln fallen und rutschten von ihren Pferden. Ihr Johlen war verstummt und sie standen mit offenen Mündern da. Emma nutzte den Moment, lief mutig mit einem Teller magischer Punschkugeln auf sie zu und ehe sich Saulus versah, steckte schon ein Stück dieser schokoladigen Köstlichkeit in seinem Mund. Während der Bissen auf seiner Zunge zerging und er ihn hinunterschluckte, hatte Emma auch den anderen beiden eine Punschkugel angeboten, die verdattert zugriffen. Magischen Punschkugeln kann keiner widerstehen. Mit dem köstlichen Geschmack breitete sich eine wohlige Wärme in ihnen aus, ließ ihre Herzen erweichen und sogleich waren sie erfüllt vom Zauber der Weihnacht. Rudolf durchbrach die Stille, indem er laut und schräg „Stille Nacht, Heilige Nacht …“ anstimmte. Es wurde ein rauschendes Fest. Sie aßen, tranken Punsch und sangen alle Weihnachtslieder, die sie kannten. Auch Fridolin, Puffi und die Gans Trude feierten ausgelassen und tanzten bis in den Morgen um den Weihnachtsbaum.
    Frohe Weihnacht und allzeit Frieden den Menschen und Tieren auf Erden.

  • Der, die, das … was denn nun?

    Coronas Blog - Teil 2

    Liebe Freunde,

    ein paar Dinge möchte ich hier mal klarstellen. Die Artikelfraktionen spalten sich bei Virus, da gibt es die einen, die sagen DAS Virus und die anderen, die sagen DER Virus. Aber ICH bin DIE Virus! Mein Name ist Corona und das ist eindeutig weiblich und ich fühle mich auch sehr weiblich, rund, anschmiegsam und sehr sensibel. 😉

    Ich will kein Mitleid, aber ich habe es nicht leicht, nicht mehr seitdem die Menschen glauben, mich zu kennen. Die einen haben Angst vor mir, die anderen hassen mich und dann gibt es sogar noch die, die sagen, ich wäre nichts anderes als ein harmloses Grippevirus. Ein für alle Mal: ICH BIN KEIN GRIPPEVIRUS! Gut ich bin verwandt mit den Grippeviren, aber wir sind schon seit Generationen verfeindet. Ich kenne die Geschichte nicht ganz genau, aber vor Jahrhunderten gab es einen Übertragungsstreit. Die Grippeviren haben sich schon immer für etwas Besseres gehalten, weil sie von Menschen zu Menschen übertragbar sind und wir uns „nur“ unter Tieren verbreiten konnten. Nun, seit wir die Anpassung an den Menschen geschafft haben, höre ich nicht mehr viel von dieser Grippe. WIR sind in aller Munde … naja, seit diesen „Maßnahmen“ vielleicht nicht mehr in ALLER, aber: Ich bin noch da und ich bin gefährlich! Vor allem auch deswegen, weil ich selbst noch nicht so recht weiß, wie ich mit diesem Menschen, meinem neuen Wirt, also mit euch, umgehen soll. Ich bin offen für konstruktive Kritik.

    We keep in touch!

    Eure Corona

     

     

  • We keep in touch!

    Corona – Aus dem Leben einer Virus

    Liebe Freunde,

    in den letzten Tagen fühle ich mich etwas schwach.

    Dabei hat alles so gut angefangen – in China. Es war der perfekte Start in ein NEUES LEBEN! Es war reiner Zufall! Dieser zweibeinige Typ, der diesem komische vierbeinige, warmen Wesen die Kehle durchgeschnitten hat. Ich musste irgendwohin, ich konnte da nicht bleiben und ZACK! hing ich auch schon am Zeigefinger dieses Chinesen und ich musste keine drei Sekunden warten, da hatte er seinen Finger auch schon an seiner Nase, dann war alles ein Kinderspiel. Ich rein in die Nase – das Ganze hätte auch schief gehen können – und fühlte mich sofort pudelwohl. Es war warm, feucht und niemand versuchte mich zu vertreiben. Da waren ein paar andere Kollegen und Kolleginnen, aber mit denen habe ich ja nicht wirklich viel zu tun, die sind keine Gefahr für mich. Die Antikörper haben sich nur auf sie gestürzt. Es war so, als gäbe es mich gar nicht. Mega! Ich war glücklich und habe die Lage erkundet, bin dann durch die Nasengänge runter in den Rachenraum und da war es dann richtig geil! Party ohne Ende! Ich habe mich richtig schnell vermehrt, wenn ihr versteht, was ich meine *augenzwinker*. Ein paar Tage später fing mein Wirt ordentlich an zu Husten und auf dem Weg in die Lunge – ein paar von uns waren schon unten – packte mich ein heftiger Luftstrom von unten und wirbelte mich die ganze Strecke wieder nach oben, durch den Mund, an den Zähnen vorbei, ins Freie. Ich flog in hohen Bogen durch die Luft … uuuaahhhh!! Ich dachte schon, mein Leben ist vorbei, da sah ich, keine 15 Zentimeter von mir, einen wunderschönen, feucht glänzenden roten Rachen. Ich betete zum großen Virus, dass mich der Luftstrom der Hustenexplosion so lange in der Luft halten würde, bis ich dieses Paradies erreicht hatte. Ich schloss die Augen, spürte die warme Luft an meinen Glykoseproteinstacheln, bis ich sanft auf der warmen Zunge landete. Das war ein Ritt! Was soll ich sagen, so ging es dann weiter, es war so einfach, zu einfach. Von Einem zum Nächsten, die Menschen, überall dicht gedrängt, in Schlangen, in Flugzeugen, auf Konzerten, in Bars. Es war ein Leben im Rausch. Ich hätte es wissen können, dass es nicht immer so weiter gehen kann. Alles hat ein Ende … irgendwann … aber, was soll ich sagen, ich bin noch da! Und ich werde alles tun, damit das so bleibt. In den letzten Wochen haben meine Brüder und Schwestern Verluste erlitten, große Verluste sogar, als dann plötzlich überall diese „Maßnahmen“ durchgesetzt wurden. Kein Mensch mehr auf der Straße, niemand kam sich mehr näher als 1,5 cm und wenn, dann trugen sie Mundschutz …

    Aber dieses Wochenende war ich in München auf dem Marienplatz und ich glaube, das war ein guter Tag!

    Ich halte Euch auf dem Laufenden.

    We keep in touch! 😉

    Eure Corona

  • Prinzessin Rosa muss #zuhausebleiben

     

    Eine humorvolle, spannende Auszeit in Krisenzeiten.

    Auch Prinzessin Rosa muss zuhause bleiben. Sie tut es gerne für die Gemeinschaft, aber dennoch langweilt sie sich etwas. Ihr euch auch?

    Illustration: Katharina Knauber-Axt

    Vielleicht mögt ihr euch mit der herzerwärmenden Geschichte von Prinzessin Rosa etwas die Zeit verkürzen.

    Eine kurze humorvolle, spannende Auszeit in Krisenzeiten. Ganz viel Freude beim Lauschen!